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Burgunder vom Emscherhang
Von Rheinhessen an die Emscher: Tina Krachten stammt aus einer traditionellen Winzerfamilie. Im Vorstand der Allmende Emscher-Lippe eG hat die Diplom-Ingenieurin für Weinbau und Oenologie (FH) 2024 den Mitmachweinberg im Emscherland mit ins Leben gerufen. Foto: Volker Beushausen

Burgunder vom Emscherhang

Lesedauer: ca. 2 Min. | Text: Sabine Raupach-Strohmann

Rund um die renaturierte Emscher bieten sich gänzlich neue Möglichkeiten für Stadtmenschen: Im Emscherland beackern Hobby-Winzer nun einen Weinberg am Ufer der ehemaligen „Köttelbecke“.

Martin Maleska kommt an jedem zweiten Montagnachmittag zum Mitmachweinberg im IGA-2025-Zukunftsgarten „Emscherland“. Zusammen mit vielen Freiwilligen beackert der Castroper den 1,3 ha großen Weinberg mit Steilhangstatus zwischen Emscher und Rhein-Herne-Kanal in Henrichenburg an der Stadtgrenze zu Suderwich. Um die zarten Triebe an den im letzten Jahr gepflanzten 6.700 Rebstöcken hacken die Helfer von Hand vereinzelt das Unkraut um den Stock herum weg. „Mitmachen, mitgestalten, mittrinken“ – so die Motivation des 60-Jährigen.

Sein Leben lang lebt er am Kanal – die Entstehung des „Emscherlands“ hat er hautnah verfolgt. „Es ist fantastisch, was Mensch und Natur hier erleben können.“ Der Weingenuss von der Emscher muss allerdings noch warten: „Bis zum vollen Ertrag von 9.000 Flaschen Burgunder oder Cabernet blanc aus Castrop-Rauxel dauert es noch ein paar Jahre“, schätzt die verantwortliche Diplom-Ingenieurin für Weinbau und Oenologie (FH), Tina Krachten.

Von Rheinhessen an die Emscher

Seit zwölf Jahren fördert die Emschergenossenschaft den Weinbau – angefangen als Forschungsprojekt zum Klimawandel hat er sich hier mittlerweile etabliert. Weiß- und Rotwein gibt es bereits von den Dortmunder Hängen am Phönixsee und in Barop, seit 2023 wächst ein Weinberg in Herne am Gysenberg. „Anfragen von anderen Städten gibt es reichlich.“ Seit 2018 betreut Tina Krachten, Tochter einer Winzerfamilie in Rheinhessen mit Arbeitserfahrung aus der Pfalz, den hiesigen Weinbau. Als sie sich beruflich verändern wollte, fand sie hier Beruf und Berufung. „Eine glückliche Fügung: ein Stück zuhause an der Emscher.“

Alle Weinberge sind Mitmach-Weinberge – gepachtet von der noch jungen „Allmende Emscher-Lippe eG“ mit Tina Krachten im Vorstand. „Wir wollen Flächen dieser Region gemeinsam mit den Menschen im Sinne des Gemeinwohls nachhaltig und ökologisch weiterentwickeln.“ Dazu gehören auch Ackerflächen, die Freiwillige bearbeiten. 

Im Dienste der Artenvielfalt

Der gemeinschaftliche Nutzen begeistert auch Susanne Koslowski. Die 60-Jährige arbeitet nicht nur auf dem Weinberg mit, sie ist auch Mitglied in der Allmende Genossenschaft – aus Überzeugung. Ingo Venn bringt Winzer-Erfahrung mit. Aus der Ernte von drei Rebstöcken im eigenen Garten hat er mal Wein gemacht. „Der war aber sehr dünn.“ Wenn er Zeit hat und sich fit fühlt, ist der 84-Jährige dabei im Team von Tina Krachten. Gerade in den ersten Jahren brauche sie jede helfende Hand. „Der Boden wird kaum bis gar nicht maschinell bearbeitet.“ Auf ihm wachsen langwurzelige Gräser und Wildblumen, die den Boden vor Erosion schützen und wichtige Nützlinge wie Marienkäfer, Spinnen, Ohrwürmer anlocken. „So fördern wir die Artenvielfalt.“

Mit dem Natur- und Wasser-Erlebnis-Park, der Emscher-Promenade, dem Gewässer-Lernort und Wasser-Erlebnis (Blaues Klassenzimmer), den Emscher-Terrassen, der Brücke „Sprung über die Emscher“ und dem Weinberg geben die „Emscherland“ Planer den Menschen ihren Fluss als attraktiven Lebensraum zurück – und auch Visionen. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft: „Wenn wir an den Ufern eines Flusses, der 170 Jahre lang als Industrie-Kloake dienen musste, Wein anbauen können, dann ist hier im Ruhrgebiet noch vieles mehr möglich.“

 

Info
Treffen am Weinberg Emscherland

14-tägl. montags ab 16 Uhr, jeden Montag um 16 Uhr

Acker am Hof Emscher-Auen
allmende-emscherlippe.de
eglv.de/emscher/emscherland

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