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Im Namen des Volkes
Foto: Marco Stepniak

Im Namen des Volkes

Lesedauer: ca. 2 Min. | Text: Sabine Raupach-Strohmann

Eine Zeitungsnotiz hatte sein Interesse geweckt: Seit Januar entscheidet der Castrop-Rauxeler Frank Golabek am Landgericht Dortmund als Schöffe „im Namen des Volkes“. Bernd Behrenspöhler ist schon seit elf Jahren dabei.

Für fünf Jahre wurde Frank Golabek per Los einem Richter an der Kleinen Strafkammer für Drogen- und BTM-Delikte zugeteilt – und hat in der kurzen Zeit schon in menschliche Schicksale und schwierige Lebenswege und -situationen kennengelernt. „Alle Angeklagten sind bereits von Amtsgerichten verurteilt, sitzen im Gefängnis oder Untersuchungshaft“, erklärt Frank Golabek. Sie haben Berufung oder Revision eingelegt mit der Hoffnung auf ein geringeres Strafmaß in der Wiederaufnahme.

Mit den Gerichtsverhandlungen, die man aus dem Fernsehen kennt, habe die Realität nicht viel gemeinsam, so der Castrop-Rauxler. „Es ist nicht spektakulär. Aber sehr seriös.“ Vor dem Verfahren weist der Richter die Schöffen in den Fall ein. Nicht Paragraphenwissen wird von ihnen verlangt, sondern gesunder Menschenverstand. „Anschließend diskutieren wir den Fall und unser Urteil mit dem Richter.“ Jeder Schöffe hat eine gleichberechtige Stimme, gemeinsam könnten sie sogar den Richter überstimmen. „Das ist noch nicht vorgekommen“, so Golabek. „Der Richter erklärt seine Entscheidung immer sehr verständlich. Dabei versucht er das Strafmaß grundsätzlich so zu halten, dass der Verurteilte nochmal auf die Beine kommen könnte.“ Doch bei einigen hat der Schöffe da wenig Hoffnung, wie bei dem 56-Jährigen, der seit seinem 14. Lebensjahr Drogen nimmt und die mit Kleinstraftaten finanziert. „Da werde ich unglaublich dankbar, dass weder ich noch meine Kinder in solche Kreise geraten sind.“


Für die Sitzungen, wird der 61-jährige Küchenleiter an einer Senioreneinrichtung in Oer-Erkenschwick für das verantwortungsvolle Amt freigestellt. Seine Urlaube werden bei der Jahresplanung des Gerichts berücksichtigt, ansonsten muss er seine Termine verantwortungsbewusst einhalten. „Fällt ein Schöffe kurzfristig aus, dann muss die Verhandlung verschoben werden.“

Als Schöffe habe ich jedes Urteil mitzuverantworten.Christoph Behrenspöhler, Geschäftsführer des DRK-Rettungsdienstes im Vest

Christoph Behrenspöhler, Geschäftsführer des DRK-Rettungsdienstes im Vest, ist bereits seit elf Jahren Schöffe. Sein unparteiliches Urteil war schon in vielen Strafsachen gefragt – von allgemeinen Straftaten über Staatsschutzsachen bis zu Wirtschaftsdelikten. Manches Mal gingen ihm die Reaktionen der Opfer „an die Nieren, wenn sie nach vielen Jahren wieder mit dem Geschehen konfrontiert, wurden“. Die längste Strafe, die er bislang in einem Verfahren miterlebte, war fünf Jahre und sechs Monate. Dabei war er auch schon mal anderer Meinung als der Richter, konnte sich „aber nicht durchsetzen“. Deshalb muss sich, so der 66-Jährige, jeder Bewerber für das Ehrenamt von Vornherein über eins im Klaren sein: „Als Schöffe habe ich jedes Urteil mitzuverantworten.“

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